Austriennale

1968

Das Konzept des österreichischen Beitrages für die 14. Triennale für den die Bezeichnung AUSTRIENNALE geprägt wurde, basiert auf bestimmten Voraussetzungen, Gegebenheiten und Strategien. In erster Linie sollte dem Thema der Gesamtschau - DIE GROSSE ZAHL entsprochen werden. Weiters mußte den räumlichen Verhältnissen, der Lage im Gesamtzusammenhang der Triennale, der Größe und dem Budget der österreichischen Sektion Rechnung getragen werden. Die AUSTRIENNALE liegt im 1. Stock des Palazzo dell'arte am Rande der Internationalen Abteilung, und der Besucher hat bereits einen Großteil der Ausstellung durchschritten, vielleicht bereits etwas ermüdet von einer Vielzahl von Eindrücken und Darstellungen. Dies, als auch die Tatsache, daß die Ausstellung, von einem vielschichtigen Publikum mit sehr unterschiedliche Interessen und von verschiedenster Aufmerksamkeit besucht wird, schloß eine eingehende Dokumentation sei es von soziologischer, wirtschaftlicher oder mathematischer Sicht aus.

Vielmehr wurde ein Konzept entwickelt, das die Mittel der Schaustellung selbst zu einer direkten Mitteilung einsetzt, die alle Sinne des Besuchers anspricht und ihn mit verschiedensten Aspekten und Phänomenen der Großen Zahl, sowohl physisch als auch psychisch, konfrontiert. Sowohl bei flüchtigem Durchschreiten soll ein intensiver "Impact" des Themas gegeben werden, als auch den müßigeren Besuchern Möglichkeiten zu vertieftem Eindringen.

Einen ersten starken Eindruck vermittelt eine lange Reih. gleicher, präziser Aluminiumtüren, die den Raum durchspannen. Die große Zahl als Phänomen der Massenproduklion demonstriert eine automatische Zwei Farben Spritzgußmaschine, welche alle 15 Sekunden ein Produkt erzeugt. Dieses Produkt ist eine Österreich Brille, die der Besucher mitnehmen kann. Er kann diese Brille aufsetzen, mit sich tragen oder irgendwo wegwerfen. (Die nichtklappbare Konstruktion der Bügel macht ein Einstecken absichtlich schwer möglich. Glasklares und rot transparentes Polystyrol.) Sowohl Aufsetzen als auch Wegwerfen dieser Brillen sind ein Mittel der Erweiterung der kleinen österreichischen Sektion in andere Bereiche, um auf diese Weise die Botschaft der AUSTRIENNALE in andere Teile der Ausstellung, der Stadt Mailand, ja der Welt weiterzutragen.

Besonders Interessierte und Neugierige werden, sofern sie sich nicht schon durchgefiltert haben, hinter den gleichartigen Türen Gänge finden, in denen die verschiedenartigsten Erlebnisse möglich sind, welche Aspekte der GROSSEN ZAHL demonstrieren, sei es als Mitteilung oder aber direkt als physisches oder psychisches Phänomen. So kann der Besucher einen Supermarket durschreiten, der in einen Bereich verbrauchter Produkte übergeht, er kann die erfrischende Kühle österreichischer Berge genießen und sich einen Schneesturm um die Ohren wirbeln lauen (Schnee ein Massenprodukt Österreichs), und er kann eine spezifische Atmosphäre in einem 7 in hohen und 7 in langen Gang er leben, der bis zur Decke mit Akten vollgestopft ist. Nun
kann er sich auch mit einem Spray eine erfreulichere Umwelt schaden, oder sich das Phänomen der GROSSEN ZAHL im Mikrokosmos mit einem Blick durchs Mikroskop sichtbar machen. Er erlebt die Bevölkerungszunahme bis zum Jahre 2000 in einem Gang, der sich der Zunahmekurve entsprechend verengt. Er kann allein sein in Isolierung oder aber das Erlebnis der Masse haben, indem er sich durch ein "Gedränge" hindurchzwängen muß. Er erlebt Hoffnung oder auch Ausweglosigkeit angesichts einer Stiege, die ins Nichts führt, oder aber Frustration vor einer Türe, welche mit Türgriffen über sät ist, von denen derjenige, der die Türe öffnet, zu finden ist. Er kann sich schließlich mit sich selbst konfrontieren in einem Spiegel.

In einem anderen Bereich der österreichischen Abteilung kann von einer im Mittelpunkt eines "Amphitheaters" gelegenen Zelle eine Auswahl österreichischer Produkte betrachtet werden.

Wesentlicher Bestandteil der Ausstellurigskonzeption ist auch der Katalog.

Diese Ausstellung ist keine passive Dokumentation, sondern eine aktive Schau, welche Besucher als integrierenden Teil miteinbezieht, ihn zu Aktionen und Reaktionen veranlaßt. Diese Ausstellung kann sowohl ein sofortiges Image liefern als auch ein tieferes Eindringen ermöglichen. Diese Ausstellung arbeitet direkt mit physischen Mitteln (haptisch, optisch, olfaktorisch und akustisch) als auch mit psychologischen. Die Große Zahl wird gezeigt, aber auch das Individuum, das Individuelle.

Diese Ausstellung ist einerseits präzise und technoid, sie ist aber auch improvisiert. Sie ist offen und direkt aber aud kafkaesk und freudisch. Sie ist ambivalent, widersprüchlich wie das Leben. So gesehen ist diese Ausstellung österreichisch.

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